Drei Bethen – drei heilige Jungfrauen und ein Bogen zu ihren Ursprüngen – den wilden Frauen, den Saligen, den Nymphen an den Quellen, die Frauen aus dem Wald – in diese uralten Gefilden möchte ich dich heute entführen. Alles ist eins und alles entspringt einer Quelle – wie auch immer wir sie nennen möchten.
Ich habe den Artikel bewusst für den Dreikönigstag geschrieben, denn auch dorthin führt die Reise.
K (C) + M + B
Dies wird in diesen Tagen wieder an die Türen geschrieben: Kaspar/Caspar, Melchior und Balthazar, doch es steckt mehr dahinter, als es auf dem ersten Blick scheint.
Auf dieser Reise durch die Geschichte besuchen wir auch die Percht / die Holle, denn auch sie ist mit dieser Nacht verbunden, so wird die Nacht zum Dreikönigstag auch die Hollenacht genannt, die letzte Rauhnacht des Jahres.
Drei heilige Könige – Drei heilige Bethen?
Die Geschichte, die ich versuche in diesem Beitrag weiterzugeben, reicht weit in die vorchristliche Zeit zurück. Wir finden sie vor allem bei den Römern und Kelten. Insbesondere werde ich auf Sagen und Legenden aus dem Tiroler Raum Bezug nehmen, wo der alte Kult sich bis heute deutlich zeigt.
Möchtest du in die Tiefe steigen, so empfehle ich dir hier auch einen Blick in die Apokryphen zu werfen, jenen verborgenen Schriften, die nicht öffentlich verbreitet werden sollten, quasi verborgene Bücher der Bibel. Auch dort findet sich die Dreigestalt in Form der Drei Marien wieder. Sie waren allesamt Töchter der Heiligen Anna und sie waren es auch, die als Erstes das leere Grab Christi fanden.
In Tirol treffen wir auf die Drei heiligen Madeln – Barbara, Margaretha und Katharina. Wir kommen auf sie zurück, wenn wir nach Dreikirchen reisen. Einige Forscher vermuten, dass die drei Heiligen auf den Aspekt der Drei Nornen zurückführen, im römischen auch als Parzen bekannt. Burchard von Worms, ein einst führender Kirchenrechtler, klagte noch im 11. Jahrhundert an, dass die Menschen statt den drei Heiligen Ehre zu erweisen, sie noch immer den Parzen huldigten und zum Jahresende den Tisch für sie deckten. Dieser Brauch ist bis heute erhalten geblieben, da noch immer Speiseopfer an die Percht gebräuchlich sind. Alles wandelt sich, aber bleibt seinem Ursprung treu.
Die Perchten spielen in diesem Zusammenhang keine unwichtige Rolle. Die Perchten-Frauen zogen in vielen Ländern Europas im Winter von Haus zu Haus und sprachen ihren Segen aus. Auch sie schrieben K+M+B an die Türen, um das Haus vor dem Bösen zu schützen. Es gibt vielerlei Vermutungen für dieses Kürzel und eine davon lautet auch, es handle sich lediglich um eine stilisierte Erinnerung an die drei Speiseopfer für die Percht, die Frau Holle – K für Käse, M für Milch und B für Brot.
Schon weiter verbreitet wird vermutet, es steht für eben jene Katharina, Margaretha und Barbara oder wie auch schon erwähnt, die drei heiligen Könige: Kaspar, Melchior und Balthasar. Weit verbreitet ist auch der Glaube, es stehe für den christlichen Segen „Christus Mansionem benedicat“ – Christus segne dieses Haus.
In diesem Zusammenhang treffen wir in der Geschichte auch immer wieder auf den Begriff der drei Bethen. Möglich ist, dass der Begriff Bethen auf ihre gebräuchlichsten Namen zurückgeht: Ambeth, Wilbeth und Warbeth. Andere begreifen das Wort in einem weiteren Sinne und sehen darin einen Aspekt des all-umfassenden sich stetig erneuernden Lebens. Hans Christian Schöll schrieb dazu vor rund 60 Jahren:
Der kosmische Kreis, der seinen sichtbaren Ausdruck findet in Erde, Sonne und Mond mit ihren Beziehungen und Wirkungen, ist gefasst mit der Bezeichnung >Welt< (BET); dasselbe Wort BET hat aber neben dieser konkret-sinnlichen Bedeutung des Weltganzen noch die abstrakte Bedeutung Ewigkeit. Beides aber ist nur verschiedener Ausdruck des Lebens.¹
Auch Schöll stellt die drei Bethen in die Tradition der dreigestaltigen, zyklischen Göttin dar, wie wir es in so vielen frühgeschichtlichen Kulturen finden. Er stellt auch die These in den Raum, dass das Wort „beten“ daher rühren könnte, dass einst diese drei Bethen angerufen wurden. Es finden sich über diese Frauen verschiedene Theorien und Geschichten aus vielen Kulturen und Zeiten. Vielen gemeinsam ist, dass sie allesamt – wie auch die Große Göttin selbst – in erster Linie heilige Jungfrauen waren.
Es ist keine leichte Aufgabe, den umfassenden Aspekten der drei Bethen oder auch der drei heiligen Jungfrauen in einem Artikel gerecht zu werden. Ich möchte dich daher an drei Orte entführen, wo die Geschichte selbst bis heute noch viel zu berichten hat: nach Dreikirchen in Südtirol, zu den drei Jungfrauen von Meransen und zu den drei göttlichen Frauen in Klerant.
Eine Reise nach Dreikirchen in Südtirol
Noch im Mittelalter ist durch die Kirche belegt, dass im Südtirol ein Ort aufgesucht wurde, der aufgrund seiner Heilkraft aus den drei Quellen die Menschen magisch anzog. Später wurde dieser Ort zu dem Heilbad Dreikirchen.
Es wird davon ausgegangen, dass in vorchristlichen Zeiten der Bethenkult dort sehr verbreitet war. Die Begrifflichkeit Bethen taucht dort heute nicht mehr auf, auch finden sich keine Abbildungen, die direkt an sie erinnern. Es finden sich dort aber drei Kirchen und in diesen drei Kirchen treffen wir in mehrfacher Darstellung auf die drei heiligen Jungfrauen Katharina, Margarete und Barbara, welche dem Christenbild sehr stark angepasst wurden, aber die dreigestaltige Göttin blitzt noch immer durch.
Im Gegensatz zu den drei Bethen treten die drei heiligen Jungfrauen nicht immer zu dritt auf, sondern haben im Lauf der geschichtlichen Wandlung jeweils einen stark eigenständigen Charakter erhalten. Im Alpenraum findet sich bis heute ein Spruch, der alle drei in Zusammenhang bringt:
Barbara mit dem Turm,
Margarete mit dem Wurm
und Katharina mit dem Radl,
das sind die heiligen drei Madl.
Barbara mit dem Turm
Ihren Aspekt als Teil einer Zyklusgöttin ist für beispielsweise Tarot-Kundige auch im Turm erkennbar. Sobald ich in meinem Tarot-Zyklus den Artikel zum Turm geschrieben habe, werde ich ihn hier verlinken. (Update: Der Turm im Tarot)
In Dreikirchen ist Barbara auch mit einem weiteren Aspekt abgebildet, dem Kelch. Der Kelch hat eine sehr komplexe Symbolik. Beginnend bei den matriarchalen Bild als Gefäß des Schoßes hin zu einem patriarchalen blutgefüllten Kelch, in dessen Symbolik der Aspekt der Auferstehung durchblitzt. Ich verlinke unter dem Artikel ein paar Bücher zur gesamten Thematik des Artikels, unter anderem auch ein Buch zum Wissen über die geheime Symbolik, welches allerdings an einigen Stellen zu matriarchalisch ausgerichtet ist – also das bitte immer im Hinterkopf behalten.²
Das heilige Blut der Wandlung ist ebenso alt wie die Verkörperung des Wandels beispielsweise durch die Schlange oder auch das Rad des Lebens – und unserem immer währendem Jahreskreis. Ehe er zum Heiligen Gral und zum christlichen Kelch des Abendmahls wurde, konnte er als ein Kessel der Göttin angesehen werden, in dem Wandel stattfand – die Toten gingen ihrer Wiedergeburt entgegen. Barbara, als Herrin des Kelches, ist somit auch eine Nachfolgerin der Lebens-, Toten- und Wiedergeburten-Göttinnen.
Auf manchen Abbildungen gleicht die Hostie im Kelch sehr stark dem Mond, was den Aspekt der Wandlung unterstreicht.
Katharina mit dem Lebensrad
Die alten, ursprünglichen Aspekte sind bei Katharina sehr gut zu erkennen. Bei ihr findet sich das Rad des Lebens, das Schicksals-, Sonnen- oder eben Jahreszeitenrad. Auch hier lohnt es sich unter anderem einen Blick in die Deutung im Tarot zu werfen: Das Rad des Schicksals (10) im Tarot
Das Leben erneuert sich stetig.
Margarete und der Lindwurm
Die dritte im Bunde findet sich mit einem Lindwurm dargestellt, einem naja etwas degradiertem Drachen. Oft gleicht diese Darstellung sehr einer Schlange. Die Schlange ist ein urheiliges Tier und auch sie trägt unter anderem den Aspekt der Wandlung in sich. Sie häutet sich. Dies betrifft vor allem die Wandlungskraft im weiblichen Sinne (egal ob nun bei Mann oder Frau). Sie steht aber auch für das tiefe Bestreben, Weisheiten und Erkenntnisse zu erlangen, einem tiefen Wissen.
Komm, reisen wir zu einem weiteren Ort.
Die Jungfrauen von Meransen
Meransen ist ein Bergdorf über dem Pustertal in Südtirol. An diesem Ort treffen wir überall auf drei andere Namen: Aubet, Cubet und Guerre. An einer Hauswand steht noch heute geschrieben:
Meransens Schutzfrau’n, Hohe, Hehre,
Ihr Aubet, Cubet und Ihr Guerre,
In Haus und Feld, in Stall und Scheuer,
Wenn Wetter toben, Mur und Feuer,
Wenn Pest und Hunger, Kriegeslohen,
Wenn Not und Tod der Heimat drohen,
Gedenket unser hilfsbereit,
wie Ihr getan in alter Zeit.
Diese drei Jungrauen, diese drei Bethen sind an diesem besonderen Ort tief verwurzelt. Wo auch immer im Leben der Schuh drückte, die Bethen waren dafür zuständig, dass dieses Drücken ein Ende nimmt. Wichtig ist auch ihr Aspekt als Wetterheilige und Regenmacherinnen – eine offensichtliche Verbindung zu Wind und Wolken lässt sich nicht leugnen. Dies findet sich auch bei vielen Jungfrauen alter Mythen wider, wie den Saligen, zu denen wir am Ende dieses Artikel kommen.
Legenden und Sagen lassen vermuten, dass die drei Jungfrauen im Zentrum eines uralten Quell- und Baumkultes standen.
Immer wieder versuchte die Kirche in der Gegend von Meransen die ursprüngliche Verehrung der göttlichen Frauen in ihrem Interesse umzuwandeln und durchzusetzen. Aber die Menschen blieben standhaft und halten noch heute, wenngleich in stark verchristlichter Form, an ihren drei Bethen fest. Dies liegt vielleicht auch daran, dass dieser Ort nur schwer zugänglich und von seiner Umwelt gut abgeschnitten war.
In der Kirche des Ortes stehen noch heute die drei Jungfrauen Aubet, Cubet und Guerre auf einem eigenen Altar. Die Kirche selbst ist aber eigentlich dem heiligen Jakobus geweiht. Die Figuren der drei Bethen entstanden um 1520 herum und werden noch heute an jedem Sonntag, der nach dem dortigen Festtag am 16. September folgt, von ihrem Altar geholt und durch das Dorf getragen. Wenngleich die gesamte Prozession sehr an Fronleichnam erinnert, stehen noch heute die drei Bethen im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Urkundlich erwähnt werden die drei Bethen das erste mal im 14. Jahrhundert. Die Verehrung liegt höchstwahrscheinlich jedoch viel weiter zurück, was auch Belegungen aus anderen nahen Gegenden aus früherer Zeit bestätigen.
In einem Protokoll aus dem Jahr 1650 ist zu entnehmen, dass die Meranser sich bereits seit drei Jahrhunderten standhaft dagegen wehrten, die alten Bräuche zu vergessen. Vermutlich hießen sie zu diesem Zeitpunkt schon Ambet, Cubet und Guerre, aber noch kurz zuvor im Jahr 1603 hießen sie noch: Anbete, Wilpete und Gwerbette – so ein Dokument aus dem Pfarrarchiv in Lüsen.
Was auch immer alles von der Seite der Kirche versucht wurde anzupassen, die Meranser blieben stur und noch heute heißen ihre drei Jungfrauen: Aubet, Cubet und Guerre. Sie hörten nie auf, ihre drei Bethen anzurufen und sahen sie stets als kraftvolle, eigenständige Frauen an, deren Identität nicht geraubt werden darf.
In einer Legende erblindete ein Pfarrer als er sich darüber auf seiner Kanzel echauffierte, dass sie einfach nicht aufhören wollen ihre Heiden Aubet, Cubet und Guerre anzubeten. Die Menschen sollten gefälligst nicht mehr die Töchter des Heidentums verehren. Nachdem er daraufhin mit Blindheit geschlagen war, ging er in sich. Er besann sich bei der nächsten Predigt wieder der heidnischen Wurzeln, ehrte diese und stieg als geheilter Mann von der Kanzel herab.
Auch ist in Meransen die Verehrung heiliger Bäume und Quellen sehr präsent und auch diese heidnische Unsitte konnte seitens der Kirche nicht unterdrückt werden. Ist schon ein tapferes und stures Volk dort. Aus alten Sagen lässt sich ableiten, dass viele Prozessionen zum heiligen Baum und zu einer heiligen Quelle führten, dem Jungfrauenrast, dem Wohnsitz der dort verehrten drei Bethen.
Auch ist im Zusammenhang mit den Flur-Umgängen von alten kultischen Tänzen die Rede. Im Mittelalter wurde immer wieder vom Verbot dieser so genannten „Beteltänze“ berichtet.
Besuchen wir eine letzte von vielen Stationen, die göttlichen Frauen von Klerant.
Die göttlichen Frauen von Klerant
Im Chorbogen der gotischen Nikolauskirche, welche Legenden nach einst die Seelsorgkirche aller umliegenden Berggemeinden war, findet sich eine Abbildungen von drei Jungfrauen mit goldenen Kugeln. Es war um 1470, kurz vor dem Erscheinen des Hexenhammers, als ein unbekannter, einheimischer Künstler (möglich ist auch eine Künstlerin) dieses Bildnis schuf.
Es zeigt drei Frauen in weite Mäntel gehüllt – eine in schwarz, eine in weiß-rosa und eine in rot. Es sind Ampet, Gewer und Bruen. Im rotgoldenen Haar sitzen mit Edelsteinen besetzte Kronen. Ihre Gesichter sind von Heiligenscheinen umrahmt. In den Händen halten sie, inzwischen nachgedunkelte, aber ursprünglich goldene Kugeln. Ampet hält außerdem eine silberne Kette. Gewer hält ihre linke Hand ans Herz und Bruen erhebt die Rechte zu einem Segen, wie wir es von Christus kennen. Ihre Blicke gehen in die Ferne und gleichzeitig nach Innen. Bei Bruen gibt es noch die Besonderheit, dass sie einem stets in die Augen schaut, egal, von wo man sie betrachtet.
Ihren goldenen Kugeln (das Stichwort Reichsapfel sei an dieser Stelle genannt) symbolisieren Himmel und Erde, den Kosmos und die ganze Welt.
Zwei der Frauen, Ampet und Bruen, tragen das Haar offen. Gewer hat es hochgebunden und mit schwarz-weißen Bändern kunstvoll umschlungen. Das offene Haar finden wir oft bei den jüngeren der drei Frauen der Matronen, während die älteren Matronen das Haar gebunden tragen. Der Umstand, die Haare auf eine bestimmte Weise zu tragen, ist gewiss kein Zufall.
Im Volksglauben spielte es schon immer bei vielen Ritualen eine tragende Rolle. Das Haar gilt als Sitz der vitalen Lebenskraft und der magischen Stärke des Menschen. Ist das Haar lang und wild so zeugt dies von ungebändigter (auch erotischer) Kraft oder es nimmt (auch) Bezug auf den Totenkult. Wir finden es unter anderem bei Ereshkigal, der dunklen Schwester der sumerischen Göttin Inanna, aus der sich dann später die griechische Göttin Aphrodite und noch später die römische Göttin Venus formte.
Ob das Haar nun offen, gebunden oder hochgesteckt getragen wird, nimmt auch Bezug zur symbolischen Darstellung Macht zu binden und zu lösen. Böse Kräfte können gebannt und unschädlich gemacht werden und gute und heilende Energien können freigesetzt und verstärkt werden. Hebammen lösten lange Zeit alle Knoten an Gewand und Haaren, um sowohl die Wehen als auch die Geburt nicht zu erschweren.
Den drei Bethen von Klerant gegenüber befindet sich eine andere Frau mit langem, goldenen Haar bekleidet, die große Liebende, die Heilige Maria Magdalena.
Im Tiroler Raum geht noch eine andere Frau um, ebenfalls mit langem, wilden und wallendem Haar, die bereits erwähnte Berchta, Percht(a) oder auch Frau Holle genannt. So hat sie ein Schneider einst in Lajen gesehen, begleitet von ihren Hunden. die Berchta ist eine lange Frau, so heißt es in der Geschichte, tief verschleiert. Man sah sie nach dem Betläuten im Dunkel des Abends verborgen.
Auch andere mythische Figuren waren tief verschleiert, sei es Hekate, Isis, Cailleach oder auch Demeter. Der Schleier tut genau das, was der Name schon sagt – er verschleiert. Dahinter liegen tiefes Wissen, verborgene Geheimnisse aus uralter Zeit.
Auch Frigg, welche mit Odin oder auch schon mal alleine die wilde Jagd anführt, wird von wilden Hunden begleitet. Sie wird auch Holla genannt, die Nebelfrau. Andere Namen sind Holda oder auch Hulda. In Tirol gilt die Hulda / Holda als die Königin der Saligen, der wilden Frauen. Sie ist es, die den Menschen lehrt, wie sie Flachs spinnen und weben. Die Nacht der Holle ist die Nacht vor dem Dreikönigstag.
Gibt es eine Verbindung zwischen den Saligen, den drei Bethen und den drei heiligen Jungfrauen?
Die Saligen, … die wilden Frauen
Es existieren in den Alpenländern viele Sagen, die sich um die drei heiligen Jungfrauen ranken. Oft werden sie dort mit weiteren Namen benannt: die Saligen, die wilden Frauen, Vivanes oder auch Wildfräulein. Sie führen auf eine Zeit zurück, in der die Missionierung noch nicht fortgeschritten war. In dem Wesen der Saligen spiegelt sich der Aspekt der dreigestaltigen Göttin wieder.
Es heißt, sie waren lauter Heiden. Wer auch immer sie bekehren wollte, dem erging es übel. Vom Christentum wollten diese Frauen nichts wissen. So nannte man sie in Kärnten auch die hadnischen (heidnischen) Frauen.
Aus diesen oft unverfälschten Sagen lässt sich ein ziemlich gutes Bild von ihrem einstigen Wesen ableiten, ihren Wirkungskreisen und dem ganzen dahinterstehendem Kult.
Die Erlebnisse der Saligen, der wilden Frauen, finden zumeist unter Bäumen, in Hainen, Quellen und Bächen statt. Oft wohnten sie in Höhlen oder Felslöchern, mit manchmal unterirdischen Gängen. Sie sind frei, vollkommen ungebundene Frauen. Sie sind Herrinnen und Hüterinnen der wilden Tiere und erinnern oft an das ursprüngliche Bild einer jungfräulichen, frei lebenden Göttin, wie z. B. die Amazone Artemis.
Sie achteten streng auf die Einhaltung der Gesetze in der Natur, behüteten die Pflanzen und die Tiere und nahmen Menschen mitunter in ihren Dienst. Bei Missachtung der gesetzlichen Ordnung wurden sie zornig und wussten sich zu rächen. Sie sind die Gebieterinnen über Leben und Tod.
Sie nahmen Menschen jedoch nicht nur in ihren Dienst, sie halfen ihnen auch und waren gern mit ihnen zusammen. Nicht selten verhalfen sie Einigen zu Reichtum, Glück und Segen. Das segen- und glücksspendende Wesen kommt auch in ihrem Namen zum Ausdruck: salig oder salic stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet so viel wie gesund, unverletzt an Körper und Geist, heil und ganz.
Das klingt nach einem recht friedlichen, ungestörtem Leben, aber die Sagen erzählen auch von ihrer Entmachtung und der allmählichen Vertreibung der Göttin. So wurde sie immer weiter in die Wälder, Berge und Höhlen zurückgedrängt und aus dem Alltag der Menschen herausgenommen, so dass sie mehr und mehr in Vergessenheit geriet. Das Bewusstsein der Menschen für die Göttin schwand, als sie nicht mehr beieinander waren. Den Sagen ist zu entnehmen, dass vor allem die Männer die Göttin immer weiter fort drängten.
Machmal werden in den alten Sagen jedoch nicht nur wilde Frauen, sondern auch wilde Männer erwähnt. Es wird da viel spekuliert, eine Vermutung lautet, dass es die früheren Heroen und Geliebten der Göttin gewesen sind, welche sich eines Tages gegen diese auflehnten und sie entmachteten.
Der Dreieraspekt der Göttin drückt sich unter anderem darin aus, dass meist drei wilde Frauen zusammenlebten, die gemeinsam einen Liebhaber teilten, welcher mit ihnen auch Kinder zeugte. Es ist jedoch nirgendwo niedergeschrieben, dass diese darüber hinaus mit ihnen zusammen lebten oder gar als Väter die Kinder mit großzogen. Das erinnert stark an das Volk der Amazonen, ein matriarchales Volk der wilden Jungfrauen.
Die Saligen sangen gerne, liebten es, sich im Tanze zu drehen. Mit Gesang und Tanz hielten sie die Balance der Erde im Gleichgewicht. In manchen Sagen tanzen sie im Mondlicht und hinterlassen kreisrunde Spuren im Gras. Wo ihre Füße das Gras berühren, da solle es besonders dicht wachsen. Als sie später verteufelt wurde, drehten sie diese Aussage um – dort wo sie tanzten, wächst nichts mehr.
Die Sagen im Tanz des Mondlichtes gehören zu den ältesten. In ihnen werden sie noch die drei Jungfrauen genannt, was sehr an die Bethen und heiligen Jungfrauen erinnert, von denen schon die Rede war. Sie konnten ihre Gestalt beliebig wandeln, traten mal als Baum- oder Quellnymphen auf, mal als Nebelschleier. Sie standen eng mit der zyklisch, wandelnden Kraft des Mondes in Verbindung.
Unsere keltischen und germanischen Vorfahren verehrten Göttinnen und Götter, die sich jederzeit wandeln konnten, sei es in ein Tier, eine Pflanze, einen Stein oder in Wind und Wolken. So konnten sie den Menschen nahe sein und ihre göttliche Kraft offenbaren. Wo auch immer der Ursprung zu finden sein mag. Die göttliche Kraft ist älter gar als die Göttinnen und Götter selbst.
¹) aus dem Buch „Die Drei Ewigen“, S. 138ff.
²) Barbara G. Walker – Die geheimen Symbole der Frauen. Lexikon der weiblichen Spiritualität.
vertiefende Literatur:
- Erni Kutter: Der Kult der drei Jungfrauen. Eine Kraftquelle weiblicher Spiritualität neu entdeckt
- Margareta Fuchs / Veronika Krapf: Von wilden & weisen Frauen. 150 geheimnisvolle Frauen-Sagen aus Tirol
- Kurt Derungs / Sigrid Früh: Der Kult der drei heiligen Frauen. Mythen, Märchen und Orte der Heilkraft