Mit den Sperrnächten verhält es sich wie mit unzähligen anderen alten Bräuchen auch – niemand weiß, wann sie auftauchten. Vielleicht sind sie sehr alt, vielleicht nicht. Es kann auch keiner so genau sagen, an welchen Tagen des Jahres sie genau stattfinden. Für Menschen, die gerne Ordnung in ihrem Kopf haben, ist das meist nur schwer zu akzeptieren, aber öffnet es nicht auf wunderbare Weise einen Raum für die eigene Gestaltung?

… und Ordnung gibt es in den Sperrnächten ganz gewiss genug.

Ich möchte dir eine Möglichkeit zeigen, wie du die Sperrnächte für dich ganz persönlich nutzen kannst. Lasse dich gerne inspirieren, aber sei auch bereit deinen ganz eigenen Weg zu gehen. In meinem Angebot für dich beginnt die Zeit der Sperrnächte mit der Nacht vom achten auf den neunten Dezember und es sind zwölf an ihrer Zahl – vielleicht auch dreizehn, schauen wir mal.

Symbol Vollmond - Schlange

Was sind eigentlich Sperrnächte?

Als Sperrnächte werden die zwölf, teils auch dreizehn Nächte direkt vor der Rauhnachtszeit bezeichnet. Mitunter ist auch von den Dunkelnächten die Rede, denn es sind zwölf der dunkelsten Nächte des Jahres. An ihrem Ende bringt die Wintersonnenwende das Licht zu uns zurück.

Das klingt schön nicht war – so harmonisch und verbunden. Zwölf Nächte vor den Rauhnächten, die ja ebenfalls ganze zwölf Nächte andauern werden. Und eben weil es irgendwie eine Einheit ergibt, habe ich mich für den Beginn am achten Dezember entschieden, zumindest wenn die Wintersonnenwende auf den 21. Dezember fällt. In machen Jahren verschiebt es sich einen Tag vor oder zurück, dann verschiebe ich persönlich auch den Beginn der Sperrnächte.

Das mutet alles ein wenig willkürlich an, aber die Sperrnächte beginnen wirklich in vielen Gegenden mit dem achten Dezember. In manchen Gegenden starten sie jedoch bereits am 25. November. Andere starten am ersten Dezember oder mit dem ersten Adventssonntag und wieder andere beginnen mit dem Lucien-Tag am 13. Dezember.

Ihr seht also, es herrscht da nur wenig Einigkeit.

Konzentrieren wir uns also auf den achten Dezember. Abgesehen davon, dass es sich harmonisch anfühlt, gibt es noch einen weiteren Grund mit diesem Tag zu beginnen und dieser liegt im Sinn der Sperrnächte selbst.
Odin und die Schlange Midgards

Alles wird weggesperrt

Ihr wisst ja – wenn nicht aus der Mythologie heraus, so doch zumindest aus dem gleichnamige Märchen – Frau Holle mag es sehr gerne aufgeräumt. Alles muss seine Ordnung haben. Die Sperrnächte tragen ihren Teil dazu bei. Jetzt wird wirklich alles weggeräumt, quasi weggesperrt. Gerätschaften verschwinden in Schuppen, Werkzeuge in ihren Koffern, Zettelwirtschaften in Schubladen und so weiter.

Die Natur macht es vor und wir folgen hier. Die Kraft der Pflanzen hat sich in das Erdreich zurückgezogen und so manche Tierart zieht sich nun für den Winterschlaf zurück. Alles geschäftige Treiben kommt zur Ruhe.

Auch bei uns Menschen kommt alle Arbeit nach und nach zum Ende – wird abgeschlossen. Wir bereiten uns auf die kommende Rauhnachtszeit vor.

Bist du mit Frau Holle nicht vertraut, so höre doch einmal in mein Video auf YouTube hinein, in dem ich ein Kapitel über Frau Holle aus meinem Buch „Der alte Pfad und die Rauhnächte“ vorlese.

Also halten wir fest: Die Sperrnächte tragen ihren Namen, weil alles aufgeräumt und weggesperrt wird. Dies betraf einst vor allem die Gerätschaften auf einem Gehöft. Haus und Hof wurden quasi „winterfest“ gemacht und alle Gerätschaften würden erst wieder hervorgeholt werden, wenn im Frühjahr eine neuer Zyklus beginnt.

Bald schon fegt die wilde Jagd durch die Nacht und verbreitet ihr Unheil. Ist alles gut in Schuppen, Scheunen, Stall und Haus verstaut, kann das Nachtheer nur wenig Schaden anrichten. In den Aberglauben und Bräuchen der Rauhnächte heißt es auch, kein Rad dürfe sich mehr drehen. Dies deutet darauf hin, dass ab der Wintersonnenwende alle Arbeit zu ruhen hatte, die nicht wirklich notwendig war. Das galt auch für die in der Zeit sehr beliebten Spinnräder.

Die Welt steht still, die Menschen sitzen beieinander und erzählen sich die alten Geschichten von Odin, der Frigg, den Nornen, dem Weltenbaum Yggdrasil und dem Treiben der wilden Jagd.

Wir nutzen die Rauhnachtszeit nicht nur für die alten Geschichten und die Besinnung, wir nutzen sie auch für die Heilung. Die Sperrnächte vorweg sind eine großartige Chance diese Heilung auf den Weg zu bringen. Was hat nun aber der Haus- und Hofputz mit Heilung zu tun?
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Was kann in dir weggesperrt werden?

Ja was haben die Sperrnächte mit deiner oder meiner Heilung zu tun?

Wir haben zwölf Rauhnächte – allesamt dazu gedacht, alte Wunden im Inneren zu heilen, um dann voller Kraft und neuem Lebensmut in das neue Jahr zu starten. Falls du meine Rauhnachtsartikel-Artikel oder auch das Rauhnachtsbuch kennst, dann weißt du, dass es ein in sich geschlossenes Konzept ist, das stützen und helfen soll, mit sich selbst im Reinen zu sein.

Wir wenden uns dabei in der zweiten Rauhnacht dem vergangenen Jahr zu, um es in Liebe hinter uns zu lassen. Eine einzige Nacht kann in diesen turbulenten Zeiten jedoch sehr kurz sein, wenn es darum geht, Bilanz zu ziehen. Und genau hier kommen die zwölf Sperrnächte ins Spiel, die idealerweise perfekt zu unseren zwölf Monaten passen.

Nacht

vom 8. Dezember → 9. Dezember = Januar

vom 9. Dezember → 10. Dezember = Februar

vom 10. Dezember → 11. Dezember = März

vom 11. Dezember → 12. Dezember = April

vom 12. Dezember → 13. Dezember = Mai

vom 13. Dezember → 14. Dezember = Juni

vom 14. Dezember → 15. Dezember = Juli

vom 15. Dezember → 16. Dezember = August

vom 16. Dezember → 17. Dezember = September

vom 17. Dezember → 18. Dezember = Oktober

vom 18. Dezember → 19. Dezember = November

vom 19. Dezember → 20. Dezember = Dezember

Wir haben jeder Nacht einen vergangenen Monat des letzten Jahres zugeteilt. Der Weg der inneren Heilung beginnt ganz einfach. Alles was im Außen aufgeräumt wird, darf nun auch in unserem Inneren geschehen. Wir misten aus, vollführen quasi eine Inventur mit einer Bestandsaufnahme.

Idealerweise nutzt du die zwölf Sperrnächte (und Tage), um durch das gesamte vergangene Jahr zu reisen. Beginne in der ersten Nacht mit dem Januar und komme in der letzten Sperrnacht hier im Dezember wieder an. Stelle das letzte Jahr förmlich auf den Kopf. Schaue, was geschehen ist und beginne damit es zu verarbeiten.

Wir sperren in den Dunkelnächten die Vergangenheit auf, damit wir sie im Laufe der kommenden Zeit wirklich leichten Herzens wegsperren können.

Je intensiver du dir in den zwölf Nächten vor der Wintersonnenwende Zeit nimmst, desto leichter wird dir die Reise durch die Rauhnächte fallen. Es lohnt sich also, sich jeden Abend etwas Zeit zu schenken, um die Vergangenheit zu verarbeiten.

Vielleicht hast du Glückspilz ja Tagebuch geführt oder immer wieder einmal im Kalender notiert, was so geschehen ist? Nimm diese Aufzeichnungen gerne zur Hand, damit dir das Erinnern leichter fällt. Bist du aktiv bei Social Media dabei, so kann es auch hilfreich sein, sich durch die Chronik des letzten Jahres zu scrollen. Aber Achtung – die Gefahr ist groß, einfach dort zu versacken und die wertvolle Zeit ungenutzt zu lassen.

Zwölf oder doch lieber Dreizehn?

Nun denken wir Hexen ja oft nicht in so weltlich eingeengten Kategorien wie kalendarisch festgelegte Monate. Eine Hexe vom alten Schlag geht mit dem Mond! Schieben wir nämlich alle, vom Menschen in Normen gepresste Konstrukte, einmal zu Seite, so besteht ein Jahr nicht auf zwölf Monaten sondern aus 13 Mondphasen.

Fixpunkte zur Orientierung bieten den Menschen – heute wie damals – die vier Sonnenfeste im Jahreskreis, vor allem die Winter- und Sommersonnenwende. In unserer Gegend orientierten sich die Mond-Kalender dabei an der Wintersonnenwende. Beginn der Zählung ist – nicht immer, aber zumeist – der erste Neumond nach der Wintersonnenwende.

Bist du also eine Hexe, die ihre Jahreskreisfeste nach Sonne UND Mond richtet und überhaupt das ganze Jahr in die einzelnen Mondphasen einteilt, so kannst du die Rückschau natürlich auch für die dreizehn Mondphasen halten. Hänge der zwölften Sperrnacht einfach eine dreizehnte an, in der Nacht vom 20. zum 21. Dezember.

Auf diese Art ist es ein nahtloser Übergang in die Rauhnachtszeit.

Odin und die Schlange Midgards

Die Rückschau – Rituale, Räucherwaren und Kerzenschein

„Rituale schaffen Ordnung in einer zufälligen Welt. Sie stabilisieren, auch wenn wir sonst das Gefühl haben, alles sei belanglos.“

– Michael von Brück¹ –

Rituale bündeln unsere Energie, sie geben dem Wesentlichen einen Raum und ein afrikanisches Sprichwort besagt: „In einem Ritual wird die Welt neu erschaffen.“ Und ein wenig geht es ja in den Sperrnächten eben genau darum – die Welt neu zu erschaffen – beziehungsweise die alte Welt so aufzuräumen, dass wir wieder frei atmen können.

Ein Ritual ist nicht immer eine große Show, es gibt viele stille, kleine Rituale. Schon allein sich an jedem Abend der Sperrnächte wirklich die Zeit zu nehmen, ist ein Ritual. Du kannst das Ritual weiter manifestieren, wenn du wirklich ein Rendezvous mit dir selbst vereinbarst – sagen wir: Jeden Abend um 21 Uhr ziehe ich mich zurück und nehme mir nur Zeit für mich und mein vergangenes Jahr.

Legst du nicht nur eine Zeit fest, sondern hast du dafür auch einen besonderen Ort in deinem Wohnraum, so nimmt dein Ritual immer mehr Gestalt an. Du kannst dort Kerzen aufstellen. Weiße Kerzen passen immer – wirklich immer! Für die Rückschau passt aber auch gut Silber, Blau, Indigo, Grün, Gold und auch Schwarz. Letztere, wenn du Anteile des letzten Jahres gehen lassen möchtest. Für eine genaue Anpassung schaue gerne einmal in meinen Beitrag: 1×1 der Hexenkunst – Nutze die einzelnen Farben in der Magie.

Jetzt haben wir einen Ort, ein Uhrzeit, Kerzenlicht – was brauchen wir noch?

Du kannst die Kraft der Heilsteine nutzen. Der Labradorit grabt in die Tiefe unserer Gefühle. Der Amethyst schenkt inneren Frieden und reinigt ordentlich. Der Rosenquarz heilt das Herz und lindert seelische Schmerzen. Ein Türkis schenkt uns Power und der Bergkristall lässt uns klar denken.

Was können wir räuchern?

LOSLASSEN

  • Bernstein
  • Löwenzahnwurzel
  • Rosenblüten lockern feste Strukturen)
  • Rosmarin lässt dich annehmen, was nicht losgelassen werden kann
  • Kampher (Vorsicht, nur wenig nehmen) – löst seelische Blockaden
  • Mariengras hilft in Liebe loszulassen, es reinigt zudem und schenkt Leichtigkeit
  • Lemongras

HERZ ♥ WÄRMEND

  • Alantwurzel
  • Angelikawurzel
  • Beifuss
  • Baldrianwurzel, vor allem bei Einsamkeit
  • Hopfendrüsen
  • Iriswurzel
  • Mohnblüten
  • Quittensamen
  • Rosenblüten
  • Thymian
  • Palo Santo

ERDEND

  • Alantwurzel
  • Hopfendrüsen
  • Iriswurzel
  • Kalmuswurzel
  • Mädesüss
  • Lemongras
  • Myrrhe
  • Patchouli

HEILUNG SEELISCHER WUNDEN

  • Arnikablüten
  • Iriswurzel
  • Königskerze
  • Quittensamen
  • Rosmarin – schenkt Selbstvertrauen

LÄSST DICH KLAR DENKEN

  • Benzoe Siam
  • Dammar
  • Angelikawurzel
  • Alantwurzel
  • Copal
  • Eisenkraut
  • Habichtskraut
  • Fichtenharz
  • Lavendel
  • Lorbeer
  • Mädesüß
  • Mariengras

Entscheidest du dich für eine Reise durch die Sperrnächte, so habe auch immer Papier und Stifte zur Hand – und das nicht nur für die Rückschau. Es ist gut möglich, dass dir in der Zeit auch Impulse für die Zukunft geschenkt werden. Mache dir viele Notizen und vor allem, nutze das gute alte Schreiben, wenn du in deinem Leben Blockaden spürst. Es heißt nicht umsonst „Schreiben befreit die Seele“ oder „sich etwas von der Seele schreiben“. Allein das geschriebene Wort ist ein mächtiges Werkzeug der Transformation.

Du kannst dich auf dem Papier so richtig austoben – auch so ein befreiendes Ritual. Sei ruhig auch wütend, schreibe alles auf, gnadenlos und ohne nachzudenken. Es wird dir gut tun. In der Nacht vom 20. zum 21. Dezember kannst du die Zeilen dann verbrennen, im Fluss ertränken, vergraben oder von einer Klippe werfen – völlig egal, welchem der vier Elemente du sie überlässt, nur nimm die Energie nicht mit auf deine weitere Reise.

Hängst du an einem der Abende der Sperrnächte fest, so schnappe dir dein Lieblingsduschbad und stelle dich unter die Wasserbrause. Stelle dir vor, wie das Wasser alles davon schwemmt. Ich nehme dann auch gerne die Bürste und schrubbe alles weg. Die Bürstenstriche setze ich bewusst immer Richtung Abfluss, also den Wannenboden. Glaub mir, es tut so gut!

Eine andere Möglichkeit wäre, sich jeden Abend bewusst die Zeit zu nehmen, um sich einen der Rauhnachtswünsche zu überlegen, den dreizehnten Wunsch findest du vielleicht am Ende der Sperrnachtszeit.

Jetzt kann eigentlich nichts mehr schief gehen, oder?

Du kannst die Sperrnächte mit einer heilenden Kakao Zeremonie verabschieden und dich gleichzeitig der dann folgenden Rauhnachtszeit öffnen.

Ich wünsche dir zauberschöne Tage und Abende in der tiefsten Phase der Dunkelzeit.


¹Professor für Religionswissenschaften an der Universität München