Geschichte I – Der Kreis öffnet sich

 

 

 

Eines Morgens, als der Himmel noch nicht wusste, ob er Tag werden will und der Tau wie ungeweinte Tränen auf den Blättern lag, stand sie da – die Kriegerin. Ihr Blick war wachsam, doch in ihren Augen hing etwas Uraltes, wie Staub auf einem längst vergessenen Pfad. Sie trug ihre Entschlossenheit wie eine zweite Haut, festgeschnürt über einer Müdigkeit, die sie selbst kaum noch bemerkte.

Die Kämpfe waren leiser geworden. Früher kamen sie von außen – sichtbar, greifbar, benennbar. Nun wuchsen sie in ihr, wie Schatten unter der Haut, ohne Namen, aber nicht ohne Gewicht. Sie spannte ihren Bogen, doch die Sehne vibrierte nicht mehr. Es gab kein Ziel. Keinen Feind. Nur das Echo ihrer eigenen Schritte in einem Wald, der den Atem anhielt.

Und dann veränderte sich etwas, kaum spürbar, doch tief wirksam. Der Wald hielt den Atem an. Ein Vogel verstummte mitten im Ruf, das Licht wurde blasser, irgendwie weicher, als hätte die Zeit sich selbst für einen Moment vergessen. Der Wind drehte, brachte den herben Duft von feuchter Erde und altem Laub mit sich. Und mit ihm kam der Nebel – lautlos, wachsend, aus dem Boden steigend wie ein stilles Versprechen. Er legte sich um die Bäume wie ein Gedanke, der noch nicht zu Ende gedacht war. Und dort, wo die Sicht verschwamm, verdichtete sich eine Gestalt, als wäre sie aus dem Dunst gewebt. Kein Ankommen, kein Erscheinen – nur Gegenwärtigkeit. Ihr Mantel aus Flechten und Moos. Ihre Haare wie mitternächtliches Silber. Ihr Blick, alt wie die Steine. Die Kriegerin senkte ihren Bogen.

„Ich kämpfe schon so lange“, sagte sie leise, „dass ich nicht einmal mehr weiß, wofür.“

Die Alte nickte kaum merklich. Sie hob einen Gegenstand aus der Tasche, ein kleiner, geschnitzter Talisman, vielleicht aus einem Geweih. Darauf eingeritzt: ein Zeichen, das an ein geöffnetes Auge erinnerte. Sie reichte ihn der Kriegerin.

„Dann ist es an der Zeit“, sagte sie, „nicht zu schießen, sondern zu lauschen.“

Der Wind hielt einen Moment inne. Die Kriegerin schloss die Finger um das Zeichen. Es war warm. Oder vielleicht war es das, was in ihr zu brennen begann. Die Alte drehte sich um und ging wortlos in den Nebel zurück. Oder war sie nie wirklich da gewesen? Doch ehe sie verschwand, blieb sie noch einmal stehen. Ohne sich umzusehen sprach sie:

„Wir begegnen uns wieder. Wenn du gelernt hast, mit dem Herzen zu zielen.“

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Diese Begegnung zwischen der Kriegerin und der weisen Alten war kein Zufall. Sie war ein Erinnern. Denn in jeder von uns wirken solche Kräfte. Sie sind nicht sichtbar wie Menschen aus Fleisch und Blut, aber spürbar wie ein Blick, der uns im Spiegel begegnet. Wir nennen sie Archetypen – Urbilder weiblicher Seelenkräfte, die seit Anbeginn der Zeit in uns wohnen, durch uns sprechen, sich durch unser Leben weben.

Mal erscheinen sie uns als Stärke, mal als Zweifel, mal als Sehnsucht. Sie sind keine Rollen, die wir spielen, sondern innere Landschaften, durch die wir reisen. In Träumen zeigen sie sich als Gestalten, in Ritualen als Symbole. In der Kunst, im Tarot, im Kreis der Frauen – überall dort, wo die Sprache des Unbewussten einen Raum bekommt, finden wir sie wieder.

Doch wer hat diese Archetypen benannt? Woher stammt dieses uralte Wissen über weibliche Seelenbilder – und warum berührt es uns so tief?

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Die Sprache der Seele und der Mann, der ihr lauschte

Das Wissen um Archetypen ist kein modernes System und keine Erfindung der Gegenwart. Es ist uralt, getragen von Mythen, Märchen, Göttinnengeschichten und der mündlichen Überlieferung jener Frauen, die ihr Wissen mit der Erde teilten. Schon lange bevor jemand sie benannte, lebten diese Seelenbilder in Liedern, Träumen und Ritualen. Die weiblichen Archetypen – Kriegerin, Mutter, Heilerin, Hexe – sind nicht geschaffen worden. Sie wurden erinnert.

In der Sprache der westlichen Psychologie war es der Schweizer Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung, der diesem inneren Wissen einen Namen gab. Archetypen nannte er die universellen Urbilder, die tief im kollektiven Unbewussten der Menschheit verankert sind. Sie wirken jenseits von Kultur, Zeit und persönlicher Geschichte. Jung selbst sprach jedoch nicht von weiblichen Archetypen im heutigen Sinn. Vielmehr erkannte er eine kleine Zahl grundlegender Seelenprinzipien, die in jedem Menschen wirken – egal, ob weiblich oder männlich.

Zu den wichtigsten archetypischen Gestalten bei Jung zählen:

  • Das Selbst – das Zentrum der Psyche, das zur Ganzwerdung drängt
  • Das Ich (Ego) – das bewusste Selbstbild
  • Der Schatten – die verdrängten Anteile der Persönlichkeit
  • Die Persona – die Maske, die wir der Welt zeigen
  • Die Anima – der innere weibliche Seelenanteil im Mann
  • Der Animus – der innere männliche Seelenanteil in der Frau
  • Das Kind – Symbol für Entwicklung, Potential und Erneuerung
  • Die Große Mutter – Symbol für Ursprung, Schutz, aber auch Zerstörung
  • Der alte Weise – Hüter des Wissens, innerer Lehrer
  • Der Held oder die Heldin – die suchende, kämpfende Kraft auf dem Weg zur Transformation

Diese archetypischen Kräfte verstand Jung nicht als äußere Rollen, sondern als innerpsychische Energien. Sie treten in Träumen, Märchen, Mythen und inneren Bildern auf – als Gestalten, Orte, Tiere oder Symbole.

Was wir heute als weibliche Archetypen bezeichnen, ist eine Weiterentwicklung dieses Konzepts. Sie sind geboren aus der Verbindung von Tiefenpsychologie, Mythologie und spiritueller Frauenarbeit. Diese Bilder entstanden nicht im Kopf eines Mannes, sondern im Kreis der Frauen. Im Lauschen auf die innere Stimme. Im Spiegeln. Im Erinnern.

Es sind Kräfte, die in allen Frauen leben. Nicht als starre Bilder, sondern als lebendige Bewegungen. Die Magie dieser Archetypen liegt nicht in ihrer Definition, sondern in ihrer Wandlungsfähigkeit. Sie sind keine Schubladen. Sie sind Tore.

Jede Frau kennt sie – bewusst oder unbewusst. Und wenn sie in Erscheinung treten, geschieht das oft leise. In der Müdigkeit, die nicht nur körperlich ist. In der Wut, die sich nicht erklären lässt. In der Sehnsucht nach Tiefe, nach Rückzug, nach Klarheit. Und genau dort beginnt die Reise.

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Die Rückkehr der Seelenbilder

Was früher als symbolische Kraft im Unbewussten beschrieben wurde, beginnt heute, in der gelebten Frauenarbeit, eine neue Gestalt anzunehmen. Die Archetypen treten aus der Tiefe hervor und werden zu Weggefährtinnen im Alltag, im Wandel, im Ritual. Nicht als Konzepte oder starre Muster, sondern als lebendige Kräfte. Sie begegnen uns in der Stille nach einem Streit, in der plötzlichen Wut über etwas scheinbar Kleines, in der Traurigkeit, die nicht durch Worte geheilt werden will. Sie zeigen sich, wenn wir lieben, geben, loslassen oder zurückkehren.

In Frauenkreisen, in der schamanischen Praxis, in der Tarotarbeit oder in der Ritualbegleitung werden diese Seelenbilder spürbar. Sie wirken nicht über den Kopf, sondern über den Körper, über die Intuition, über das Feld. Die Kriegerin, die wilde Frau, die dunkle Göttin, die Heilerin, die Priesterin – sie sind keine Erfindung einer neuen spirituellen Bewegung, sondern Erinnerungsbilder, die aus dem kollektiven Wissen in den Kreis zurückkehren.

Viele von ihnen waren schon immer da. Doch heute tragen sie neue Namen, neue Nuancen. Sie sprechen in einer Sprache, die direkt zu unserer Erfahrung passt. Nicht jede Frau wird allen begegnen, nicht jede zu jeder Zeit. Manche tauchen nur in Übergangsphasen auf. Andere begleiten uns ein Leben lang. Manche bringen Licht. Andere führen durch die Dunkelheit. Alle sind notwendig.

In der heutigen Frauenarbeit ist es nicht mehr wichtig, ganz klar zu definieren, was ein Archetyp ist. Entscheidend ist, was er in uns bewegt. Es geht nicht darum, sich zuzuordnen oder festzulegen. Es geht darum, sich zu erinnern.

Wer bin ich, wenn ich wütend bin?

Wer spricht in mir, wenn ich liebe?

Wer geht durch mich hindurch, wenn ich zerbreche?

So wird aus altem Wissen eine lebendige Praxis. Und aus den Archetypen keine Idee, sondern ein Erfahrungsraum. Und der Kreis beginnt, sich zu drehen.

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Die zwölf Tore zur Erinnerung

Diese Archetypen sind mehr als nur Bilder. Sie sind Kräfte, die uns rufen. Jede von ihnen öffnet einen Raum in uns, erzählt von einem inneren Ort, den viele kennen, aber kaum benennen können. Wer sich einer von ihnen nähert, begegnet nicht nur einem Aspekt des Weiblichen, sondern einer tiefen Wahrheit der eigenen Seele.

I – Die Kriegerin

Sie trägt Klarheit wie ein Schild. In ihrem Blick liegt Feuer, das nicht zerstört, sondern schützt. Sie kennt Grenzen und hat gelernt, sie zu setzen. Ihr Ja ist ganz. Ihr Nein ist heilig. Die Kriegerin kämpft nicht um des Kampfes willen. Sie erhebt sich, wenn etwas wahr und wertvoll ist. Sie führt mit Mut, nicht mit Macht. In ihr lebt die Kraft der Entscheidung.

II – Die Mutter

Sie nährt, sie hält, sie trägt Leben in ihren Händen, ihrem Herz und Blick. Die Mutter ist mehr als die, die gebiert. Sie ist auch die, die bewahrt, die versorgt, die Raum gibt für Werden. Ihre Liebe ist weich und wild zugleich. Manchmal überflutet sie. Manchmal schützt sie mit Dornen. In ihr wohnt das Urbild der Erde selbst.

III – Die Liebende

Sie ist Wärme und Berührung, Hingabe und Magnetismus. Die Liebende kennt das Spiel der Nähe, den Tanz der Sinne, das Leuchten des Herzens. Sie liebt nicht, um gehalten zu werden, sondern um sich selbst zu verschenken. Sie ist die Rose in voller Blüte, das offene Tor zur Ekstase, zur Verletzlichkeit, zur Schönheit. In ihr liegt das Versprechen des Lebens.

IV – Die Hagazussa (Zaunreiterin, Hexe)

Sie steht an der Schwelle, schwebend zwischen Welten, mit einem Fuß in der Schattenwirklichkeit. Die Hagazussa weiß um das Unsichtbare. Sie kennt die Sprache der Pflanzen, das Raunen des Feuers, das Schweigen der Dunkelheit. In ihr lebt das Wissen der Ahninnen. Sie ist unbequem, weil sie nicht kontrollierbar ist. Aber wer sie ruft, ruft die Wahrheit.

V – Die Heilerin

Aus ihren Händen fließt Erinnerung. Sie sieht nicht nur die Wunde, sondern auch das Licht dahinter. Die Heilerin berührt mit Blicken, mit Worten, mit ihrem einfachen Sein. Sie heilt nicht nur, sie begleitet. Ihre Kraft liegt im Raum, den sie öffnet. In ihrer Gegenwart darf etwas zurückkehren, was lange getrennt war. Man erkennt sie nicht an Taten, sondern am Frieden, der sich ausbreitet, wenn sie da ist.

VI – Die Königin

Sie regiert ohne Krone. Ihre Würde ist nicht laut, aber unübersehbar. Die Königin weiß um Ordnung, um Verantwortung, um Struktur. Sie trifft Entscheidungen aus der Tiefe heraus. Sie herrscht nicht über andere, sondern über das eigene Reich. Ihr Thron steht im Inneren, und sie verlässt ihn nicht, um zu gefallen. In ihrer Stimme liegt Autorität, die niemandem etwas beweisen muss.

VII – Die Jungfrau

Sie ist nicht unberührt, sondern ungebunden. Die Jungfrau gehört sich selbst. Sie geht den Weg, den sie wählt, mit klaren Augen und offenen Sinnen. Sie ist neugierig, wach, voller Leuchten. In ihr liegt die Kraft des Anfangs, die Reinheit des ungeformten Moments. Sie ist nicht die, die sich bewahrt – sie ist die, die sich entdeckt.

VIII – Die Wandlerin

Sie ist Bewegung. Übergang. Häutung. Die Wandlerin bleibt nie, was sie gestern war. Sie stirbt und wird neu, wieder und wieder. Manchmal zerfällt sie in Asche. Manchmal steigt sie als Rauch auf. In ihr wohnt der Sturm, aber auch der Atem danach. Wer ihr begegnet, spürt: Nichts bleibt, wie es war. Und das ist ihre Gabe.

IX – Die Wilde Frau

Sie heult mit den Wölfen und tanzt mit nackten Füßen im Regen. Die Wilde Frau fragt nicht um Erlaubnis. Sie lebt roh, echt, ungezähmt. In ihrer Nähe fallen Masken. Sie erinnert daran, dass das Leben nicht gezähmt werden will. Sie liebt ohne Fesseln, lacht ohne Scham, weint ohne Zurückhaltung. Sie ist frei, weil sie sich selbst gehört.

X – Die Priesterin

Sie hütet das Heilige. Die Priesterin geht den Weg der Rituale, der Verbindung, der Hingabe an das Größere. In ihren Augen leuchtet der Tempel, in ihrer Stimme vibriert der Klang der alten Gesänge. Sie spricht mit den Ahnen, mit den Sternen, mit dem Unsichtbaren. Sie führt nicht, sie ruft. Und wer ihr folgt, folgt dem Ruf der Seele.

XI – Die Schattenschwester

Sie zeigt sich dort, wo andere wegsehen. In ihren Augen liegt das Unausgesprochene, das Verdrängte, das Verbotene. Sie kennt die dunklen Gänge der Seele, nicht als Gefahr, sondern als Schatzkammer. Die Schattenschwester ist nicht das Dunkle. Sie ist die, die mit dem Dunklen tanzt. Wer sie anruft, ruft Tiefe und Wahrheit.

X – Die Alte Weise

Sie hat nicht nur gelebt, sie hat durchlebt. Ihre Weisheit stammt nicht aus Büchern, sondern aus Wunden. In ihren Falten wohnen Geschichten. In ihren Händen liegt die Zeit. Sie spricht wenig, aber wenn sie spricht, erinnert sich etwas in dir. Die Alte Weise ist die, die den Kreis kennt. Die, die ihn schließt. Und manchmal auch öffnet.

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Und darüber hinaus?

Nicht jede Kraft lässt sich benennen. Nicht jeder Archetyp trägt einen festen Namen. Manche erscheinen nur für einen Moment – in einem Traum, in einem Schmerz, in einem Blick, der sich nicht erklären lässt. Sie kommen nicht, um erkannt zu werden, sondern um etwas in uns zu bewegen.

Neben den bekannten Gestalten treten in der Frauenarbeit immer wieder andere Seelenbilder hervor. Figuren, die keiner Struktur folgen, aber eine Wahrheit tragen. Die Suchende, die Närrin, die Spinnerin, die Süchtige, die Bienenflüsterin, die, die sich im Kreis dreht.

Sie tauchen auf, wenn wir bereit sind, nicht mehr zu wissen, wer wir sind. Wenn wir uns hingeben an den Prozess. Wenn wir nicht nur heilen, sondern erinnern.

Es gibt keine vollständige Liste. Nur eine Einladung: zu lauschen, wer durch dich spricht. Heute. In diesem Zyklus. In diesem Atemzug.

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Der Kreis schließt sich

Manche Begegnungen hinterlassen keine Spur im Außen und doch verändern sie alles. Wer einer Archetypin wirklich begegnet, trägt sie weiter. Nicht als Idee, sondern als inneren Klang. Und manchmal, viele Jahre später, wenn aus der Kriegerin eine wurde, die nicht mehr kämpft, sondern erinnert, spricht diese Kraft erneut – durch dieselbe Stimme, doch aus einem anderen Mund.

Und so kehren wir zurück. Zur Kriegerin. Die nun nicht mehr die ist, die sie war.

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Geschichte II – Der Kreis schließt sich

Viele Monde sind vergangen, seit sie den Bogen senkte und den Talisman empfing. Die Kriegerin hat das Kämpfen nie ganz verlernt, doch sie hat gelernt, wann es genügt. Sie hat gelernt, dass Stärke nicht im Standhalten liegt, sondern im Lauschen. Dass Würde nicht im Aufrichten wohnt, sondern im Bleiben, auch wenn alles fällt.

Die Welt hat sich verändert. Oder vielleicht hat sie einfach begonnen, sie anders zu sehen.

An diesem Abend sitzt sie am Feuer. Das Licht ist weich. Ihre Hände sind ruhig. Das Silber in ihrem Haar glänzt in Frieden. Eine junge Frau tritt zu ihr, das Haar zerzaust vom Wind der Mutterschaft, die Brust noch warm vom letzten Stillen, der Blick fragend, suchend, übermüdet.

„Ich weiß nicht mehr, wer ich bin“, flüstert sie. „Ich bin nur noch Mutter. Ich finde mich nicht mehr in mir.“

Die Alte antwortet nicht sofort. Sie sieht das Kind an, das friedlich schläft. Sie sieht die Frau an, die fast verschwunden ist. Dann löst sie den Talisman von ihrem Hals. Das Zeichen ist kaum noch zu erkennen, geglättet von all den Jahren.

„Ich bekam ihn, als ich müde war vom Kämpfen“, sagt sie leise. „Und da war eine Frau, die mir sagte, dass Lauschen manchmal mehr verändert als Tun.“

Die junge Mutter nimmt den Talisman vorsichtig in die Hand. „Was soll ich damit tun?“

„Wenn du ihn brauchst, trag ihn bei dir. Wenn du ihn nicht brauchst, gib ihn weiter.“

Die Mutter nickt. Und in diesem Nicken liegt nicht nur Zustimmung, sondern etwas, das tiefer reicht. Ein Versprechen vielleicht. Oder einfach der Anfang von etwas, das keinen Namen braucht.

Der Wind flüstert in den Bäumen. Und irgendwo, nicht weit entfernt, zieht der Nebel zwischen die Stämme. Langsam. Wie ein Kreis, der sich schließt.