Die Linde scheint ein Baum der Menschen zu sein. In deren Gesellschaft fühlt sie sich wohl. Sie steht inmitten von Dorfplätzen und auf alten Höfen. Ihre Kräfte sind heilend. Wer weiß, vielleicht stammen sie von der Nymphe Philyras, die Mutter des Heilers Chiron. Sie wurde, der griechischen Mythologie nach, einst vom Gott Okeanos in eine Linde verwandelt.
Die Linde – Ein Rückblick der Geschichte
In der Antike jedoch finden sich ansonsten nur recht wenige Aufzeichnungen über den Baum. Es heißt, die Heilkräfte ihrer Blüten wurden sogar erst im 18. Jahrhundert entdeckt, was ich jedoch für fragwürdig halte.
Es ranken sich viele Geschichten, Gedichte, Lieder und Legenden um die Linde, denken wir nur an die bekannte Liedzeile von Franz Schubert (1827):
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„Am Brunnen vor dem Tore das steht ein Lindenbaum,
ich träumt in seinem Schatten so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort.
Es zog in Freud und Leide zu ihm mich immerfort,
zu ihm mich immerfort.“
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Bei den Menschen war und ist sie bis heute als Hof-, Dorf- und Stadtlinde äußerst beliebt. Früher wurde unter der sogenannten Gerichtslinde Wahrheit und Versöhnung gesucht. Der Stellenwert des Baumes war hoch. Aus den Wäldern wurde sie in die Städte geholt, was ihr zum Glück nicht schadete, denn sie macht sich auch hervorragend als Einzelbaum.
Die Linde hat von jeher etwas mütterliches. Die Menschen kamen unter ihr zusammen. Mit ihren herzförmigen Blättern, dem süßen Blütenduft, welchen die Bienen sehr lieben, und ihrer ausladenden Krone, hat sie eine besondere Anziehungskraft. Der Baum schenkt uns ein Gefühl ganz besonderer Geborgenheit. Sie ist ein Platz der Gemeinschaft, ein Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat. Martin Luther sagte einst:
„Wenn wir Reuter sehen unter der Linden halten, wäre das ein Zeichen des Friedens. Denn unter der Linde pflegen wir zu trinken, tanzen, fröhlich sein, denn die Linde ist unser Friede- und Freudebaum.“
Aber nicht nur die mütterliche Liebe und Geborgenheit finden wir unter dem Baume. Blicken wir noch einmal zurück in das alte Griechenland. Dort wurden der Göttin Aphrodite unter den Linden Opfergaben dargebracht. Die Priesterinnen der Göttin trugen Kränze mit den honigsüßen Lindenblüten.
Bei den Germanen war der Baum eng mit der nordischen Liebesgöttin Freyja verbunden. Die Sommerlinden waren die heiligen „Freyja Linden“. Hier wohnten die guten Geister. Aus ihnen wurden im Zuge der Christianisierung die Marien-Linden. Die alten Freyja Statuen wurden zerstört und durch Maria Ikonen ersetzt.
Der bei unseren Vorfahren hoch angesehene Baum war auch Bestandteil vieler Sagen und Legenden. Die bekannteste ist wohl das Nibelungenlied. Das Schicksal Siegfrieds ist eng mit dem Baum verknüpft. Es war eine Linde, unter welcher er den Drachen Fafnir tötete.
Als er im Blut des Drachen badete, fiel ein Blatt zwischen seine Schultern. Überall wo das Blut seinen Körper berührte, war er unbesiegbar, es gab nur diese eine kleine Stelle, wo das kleine Lindenblatt sein Schicksal bestimmte. Hagen durchbohrte mit einem Speer diesen wunden Punkt und Siegfried starb – und das ebenfalls unter einer Linde.
Reisen wir zu den Slawen, so sehen wir, dass der Baum auch dort heilig war. Sie hatten sogar eine eigene Linden-Gottheit, die Libussa, »liba« ist das slawische Wort für Linde. Libussa war eine Göttin der Rechtsprechung, aber ebenso eine Göttin der Orakelkunst, eine Seherin und wie schon bei den Germanen und Griechen mit der Liebe im Bunde.
Bei den Kelten war die Winterlinde hoch angesehen. Die Lindenbäume umringten heilige Plätze, heilige Haine und grenzten somit die alten Kultstätten ein.
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„Die Linde hat große Wärme, und jene Wärme ist ganz in der Wurzel, und sie steigt in die Zweige und in die Blätter auf. (…) Und der Mensch der Herzschmerzen hat, nimm die innere Wurzel und das Mark der Wurzel und pulverisiere es und esse jenes Pulver oft mit Brot, und es wird ihm im Herzen besser gehen. (…) Und im Sommer, wenn du schlafen gehst, lege frische Lindenblätter auf deine Augen und bedecke das ganze Gesicht damit, es macht deine Augen klar und rein. Und wer Gicht hat, der nehme von der Erde, welche um die Wurzel der Linde liegt, und bringe sie ins Feuer und mach sie glühend. Und im Dampfbad gieße man Wasser darüber und bade so. Er tue dies über neun Tage, und er wird geheilt werden.“
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Hildegard von Bingen schreibt die eigentliche Kraft des Baumes den Wurzeln und dem Holz zu. Vor allem im Holz liege die Magie. So sei ein Mensch, der einen Ring aus Lindenholz trägt, vor gefährlichen Krankheiten geschützt.
Was wird verwendet und was ist drin?
In der Heilkunde verwenden wir hauptsächlich die Blüten (Tiliae flos) der Sommer- wie auch der Winterlinde. In den Blüten sind zu etwa ein Prozent Flavonoide enthalten, vor allem die Substanzen Quercitrin, Rutin und Astragalin. In geringen Mengen ist zudem ätherisches Öl vorhanden, welches sich vor allem aus den Stoffen Linalool, Geraniol und Eugenol zusammensetzt. Der Rest sind Schleim- und Gerbstoffe. Von den Schleimstoffen sind bis zu zehn Prozent enthalten, vorwiegend Arabinogalactane.
Die Stoffe in den Blüten wirken schweißtreibend und fiebersenkend. So lässt sich damit ein grippaler Infekt ausschwitzen. Die Wirkung ist mild und kann daher sehr gut bei Kindern eingesetzt werden. Der hohe Anteil der Schleim- und Gerbstoffe fördert den Auswurf und vermindert Reizungen. So kann trockener Reizhusten sehr gut gelindert werden, indem die Schleimstoffe eine Art Schutzschicht auf die Schleimhaut in Mund und Rachen legen.
Neun Rezepte mit Lindenblüten
Lindenblüten einfach so verzehren
Lindenblüten sind sehr schmackhaft. Sie können einfach einem Salat beigefügt werden. Sie eignen sich hervorragend als essbare Dekoration. Du kannst sie im Smoothie mitmixen oder einfach auf einem Brot essen.
Lindenblütentee als Heißgetränk
Lindenblütentee ist vor allem für eine prophylaktische Anwendung geeignet, wenn wir ohne Erkältung durch die kühle Jahreszeit kommen wollen. Er kann selbstverständlich aber gleichsam zur Behandlung eines grippalen Infekts eingesetzt werden. Aber warum ausbaden, wenn wir vorbeugen können? Die Tagesdosis sollte zwischen 2 und 4 Gramm liegen.
Du benötigst:
- 1 TL getrocknete Lindenblüten
oder
- 2 Teelöffel frische Lindenblüten
sowie
- 250ml kochendes Wasser
Übergieße die Blüten mit dem heißen Wasser und lasse ihn anschließend 10 Minuten abgedeckt ziehen.
Tipp: Trinke den Tee möglichst heiß. Genieße 3 Tassen täglich.
Hat dich ein Sonnenbrand erwischt so gib den kalten Tee auf einen Umschlag und lege ihn auf die betreffende Stelle auf.
Lindenblüten & weitere Kräuter für einen Schwitztee
Diesen Tee solltest du zubereiten, wenn deine Krankheit gehörig ausgeschwitzt werden sollte.
Teegemisch besteht aus:
- 35g Lindenblüten
- 25g Holunderblüten
- 23g Hagebuttenschalen
- 10g Brombeerblätter
- 7g Fenchelfrüchte
Dosierung:
- 2 Teelöffel der Teemischung
- 250ml kochendes Wasser
Zerstoße das Teegemisch leicht im Mörser, übergieße es mit dem kochenden Wasser und lasse es zugedeckt 5 Minuten ziehen.
Danach: Ab ins Bett und warm einpacken!
Lindenblütentee als Kaltgetränk
Genieße die Süße des Sommers, alles was du brauchst ist:
- eine Handvoll frische Lindenblüten
- sowie ein Liter kaltes Wasser
Füge beide Zutaten in einem Glaskrug zusammen. Idealerweise lässt du den Tee bis zu acht Stunden ziehen.
Lindenblütentinktur
Die Tinktur aus Lindenblüten kannst du innerlich und äußerlich anwenden.
Dosierung für eine innerliche Anwendung: 10-50 Tropfen täglich
Äußerliche Anwendung: Als Zusatz im Badewasser oder in verdünnter Form auf Umschläge geben, um die Heilung von Wunden, Abszessen und Furunkeln zu unterstützen.
Herstellung:
Je nach gewünschter Menge die Blüten sammeln und anschließend in ein Glasgefäß füllen. Die Blüten vollständig mit 40% Vol. bis 45% Vol. Doppelkorn oder Wodka bedecken und 2 Wochen an einem sonnigen Platz aufbewahren. Seihe anschließend die Tinktur ab und fülle sie in ein dunkles Glas.
Lindenblütenhonig
Der Honig ist eine leckere Alternative, um den Bienen nicht ihr Futter zu stehlen.
400g Lindenblüten
2 Bio Zitronen
1,5kg Zucker
1,5l Wasser
Koche die Lindenblüten mit dem Wasser auf. Lasse es anschließend 5 Minuten gut kochen. Nimm die Mischung vom Herd und lasse sie nun 24 Stunden ziehen. Seihe es am nächsten Tag ab.
Gib nun den Saft der Zitronen hinzu und koche alles zusammen mit dem Zucker auf. Reduziere die Hitze auf die mittlere Stufe und koche solange, bis eine honigartige Konsistenz erreicht ist.
Fülle den Lindenblütenhonig sofort in kalt ausgespülte Gläser und verschließe diese gut. Der Honig sollte dunkel und kühl gelagert werden.
Lindenblätter Augenmaske
Hildegard von Bingen war es bereits bekannt: Die Blätter der Linde haben eine reinigende und klärende Wirkung auf deine Augen. Lege hierfür jeweils ein Blatt auf das Auge und fixiere diese mit einer Schlafmaske. Am nächsten Morgen wirst du mit einem klarem, strahlendem Blick belohnt.
Einmal in der Linde baden
Ein Bad in Lindenblüten wirkt nicht nur beruhigend, es stärkt ebenso dein Immunsystem.
Was du dafür benötigst:
- 100g Lindenblüten
- 2 Liter Wasser
- 1TL Olivenöl
Bringe das Wasser mit den Blüten zum Kochen. Nimm es vom Herd und lasse es 10 Minuten ziehen. Du kannst das Olivenöl dem Sud direkt hinzufügen und es als komplette Mischung dem Badewasser hinzufügen. Oder aber du trennst mit einem feinmaschigen Sieb die Blüten von der Flüssigkeit, fügst dieser das Öl zu und nimmst es in dieser Form als Badezusatz.
Das Holz der Linde zum Ausschwemmen von Giftstoffen
Holzkohle aus dem Holz des Baumes lässt sich recht einfach herstellen. Ich möchte aber an dieser Stelle nicht darauf eingehen, da dieses hernach meistens nicht den nötigen Reinheitsgehalt aufweist. Du kannst sehr reine Holzkohle der Linde in entsprechenden Naturshops kaufen. Mitunter wird die Holzkohle zu Kohlenstaub weiterverarbeitet. Sie ist in einigen sehr guten Apotheken erhältlich. Das Lindenholz liefert den feinsten und besten Kohlenstaub!
Nach Krankheiten, die den Verdauungsapparat stark geschädigt haben, nach Vergiftungen, für eine Entsäuerung sowie bei Leberschäden empfiehlt sich eine Kur mit Holzkohle. Nimm 3x täglich eine Messerspitze der Kohle zu dir. Die Kohle bindet fremde Stoffe mit einer bis zu 90-fachen Menge ihres Eigengewichts. Du kannst die Kohle zusammen mit einem Glas Wasser zu dir nehmen. Es wird empfohlen, die Kohle mit einem leichten Abführmittel wieder aus dem Körper auszuschwemmen.
Der Spirit der Baumes
Mangelt es dir an mütterlicher Geborgenheit und Zuversicht, so lasse dich unter einer Lindenkrone nieder. Lehne dich an ihren starken Stamm, atme ihren Duft, spüre ihre Aura. Schließe deine Augen und fühle das zutiefst weibliche Wesen des Baumes. Übergib dem Zauberbaum deinen Kummer und deine Sorgen, sprich frei aus deinem Herzen heraus und lausche auf ihre Botschaften, die dir tiefe Wahrheiten verkünden können.
Sammle im frühen Sommer einige ihrer Blüten, trockne sie und nutze sie in der Dunkelzeit für eine Räucherung. Ihr zarter Duft bringt dir die Lindenkraft zurück und mit ihr den heilenden, behütenden Spirit dieses Zauberbaumes. Nutze die Blüten gerne, wenn du Freyja anrufen möchtest oder bei Liebesritualen.
„Sieh dieses Lindenblatt!
Du wirst es
Wie ein Herz gestaltet finden,
Darum sitzen die Verliebten
Auch am liebsten unter Linden.“
Heinrich Heine
Es gilt Folgendes zu beachten!
Alle hier aufgeführten Rezepte und Anwendungsmöglichkeiten der Pflanze sind als Beispiele aus der Naturheilkunde gedacht. Sie ersetzen bei gesundheitlichen Beschwerden nicht den Besuch eines Arztes oder ausgebildeten Heilpraktikers. Sie sind keine Anleitung zur Selbstbehandlung, sondern zeigen exemplarisch etwaige Behandlungsmöglichkeiten auf. Entgegen der Empfehlung geschieht eine Anwendung aller hier aufgeführten Rezepturen, homöopathischen Mittel und sonstigen Heilmittel eigenverantwortlich. Interessierte sind aufgefordert, sich selbständig bei einem Arzt, Apotheker oder sonstigen Fachkraft über die genauen Dosierungen und Wirkungsweisen inklusive möglichen Kontraindikationen zu informieren und beraten zu lassen.