Lughnasadh ist eines der vier keltischen Jahreskreisfeste. Es ist eingebettet zwischen Belteine und Samhain. Dem Fest liegt Imbolc Anfang Februar gegenüber.
Lughnasadh wird in der Nacht zum ersten August gefeiert. Bei den Kelten begann der neue Tag nicht mit Mitternacht, sondern sobald die Sonne untergeht. So wird Lughnasadh bereits am Vorabend zelebriert.
Lughnasadh in der Nacht zum 1. August
= Andenken Lughs
Neuirisch = lúnasa = August
neuheidnisch = Lammas
Unsere Aussprache gleicht oft dem geschriebenen Wort. Das ist inzwischen schon gebräuchlich, aber korrekt ist es nicht.
Lughnasadh [‚Luɣnasað] wird LOO (oo=u) – NAS – AH gesprochen.
Ein kurzer Prolog
Der August läutet den Spätsommer ein. Es ist eine Zeit der Reife und der Beginn der Ernte. Lughnasadh ist kein reines Erntefest, aber eng damit verbunden. Zur Herbsttagundnachtgleiche ist die Erntezeit beendet.
Jetzt wird das Korn gemäht und zu Mehl verarbeitet. Die Menschen legen sich ihre Rationen für den Winter an. Lang und kalt waren die Winter einst und eine Zeit voller Entbehrungen. Also schnell das Brot gebacken und den Met gebraut.
Die Leichtigkeit des Sommers beginnt bereits zu weichen und was jetzt nicht mit Fleiß vorbereitet wird, rächt sich in der kalten Jahreszeit.
Wie auch bei Belteine und Samhain ist kein Dokument bekannt, welches sich ausschließlich mit Lughnasadh beschäftigt. Sämtliche Überlieferungen sind mühsam zusammengesucht. Wir wissen wenig über dieses Fest. Die alten Bräuche jedoch haben überlebt und sie erzählen uns noch heute die alten Geschichten.
Die Quellen
Wenden wir uns an dieser Stelle zuerst den schriftlich belegten Fakten zu. Francoise Le Roux und Christian-J. Guyonvarc’h haben sie zusammengesucht und in dem Buch „Die Hohen Feste der Kelten“ aufgeschrieben.
In einer Glosse aus der Egertonhandschrift 1782, Blatt 56a heißt es: Lughnasadh feiert den „Tag der Reife aller Früchte“ (lá aípchi na n-uili thorud). Viele Mythen und Heldenepen aus der Zeit des Keltentums sind bekannt und doch findet sich nur wenig über das Fest Lughnasadh. Die Wissenschaftler von heute glauben, der eigentliche Charakter des Festes liegt in der Ehrung der reifen Früchte des Landes.
Die umfangreichste Quelle zu Lughnasadh findet sich in den Vers- und Prosa-Dindshenchas, den Geschichten der Festungen, von Tailtiu und Carman.
Die Versammlung von Tailtiu
Lughs Vater war Scal der Stumme und seine Mutter hieß Ethne. Sie war die Tochter des Fomoren-Königs Balor.
Nicht seine Eltern, sondern seine Groß-Ziehmutter Tailtiu zog Lugh auf. Tailtiu war die Tochter Magmors des Liebenswerten und die Gattin Eochaids des Rauhen. Sie erbaute die Festung der Geiseln in Tara.
Eines Tages bat Tailtiu ihren Mann den Wald von Cuan zu roden. Sie wusste um ihren nahenden Tod und inmitten der Rodungen sollte ihr Grab liegen.
Im siebten Vers über die Versammlung von Tailtiu ist zu lesen:
Hier vollbrachte Tailtiu
dank der Axt Großes;
Aus dem, was einst Wald war,
machte Tailtiu Weideland.
Trauerspiele für Tailtiu
Die Arbeit war hart. Trotz der Mühen ging sie schnell voran und ehe das Jahr zur Neige ging, war der Wald gerodet. Tailtiu war mit der Rodung am Ende ihrer Kräfte. Sie wußte, dass ihr Lebensatem versiegt und bat ihre Verbündeten zu sich.
So heißt es weiter im elften Vers:
Auf ihrem Krankenlager sagte sie ihnen
-denn sie war zwar kraft- aber nicht sprachlos-
daß sie eine große Tat vollbringen sollten,
und zwar Trauerspiele zu veranstalten, um sie zu beweinen.
Und gleich im nächsten Vers steht:
Sie starb in den Kalenden des August,
einem Montag von Lugs Lugnasad;
an ihrem Grab fand an jenem Montag
die erste Versammlung des schönen Irland statt.
Das Fest von Lugh
Es war ein prächtiges Fest. Das Gold und das Silber funkelte. In den Versen steht, dass diese Versammlung seither jedes Jahr bis zur Herrschaft Loegairesde, dem Sohn Nialls, abgehalten wurde.
Im Buch History of Ireland von Keating heißt es:
„[…] Lug mit dem langen Arm, der Sohn Cians, Sohn Diancechts, Sohn Easar Breacs, […] war vierzig Jahre lang König von Irland gewesen, Lug war es auch, der die Versammlung von Tailtiu zum jährlichen Gedenken an seine Ziehmutter Tailtiu, der Tochter Madhmors, des Königs von Spanien gründete.“
Der König Lugh, der Ziehsohn der Tailtiu, hat das Fest also ausgerichtet.
Lughnasadh war geboren
Auch dieses Zitat ist interessant:
„[…] Von dieser Frau war Lug mit dem langen Arm ernährt und aufgezogen worden, bis er Waffen tragen konnte. Zu Ehren ihres Andenken stiftete Lug die Spiele der Versammlung Tailtius, welche fünfzehn Tage vor und fünfzehn Tage danach stattfanden und den Spielen ähnelten, die man „Olympiaden“ nennt. Aufgrund dieser von Lug eingerichteten Gedenkfeier wird der erste Tag der Kalenden des August Lugnasad genannt, also nasad oder Andenken Lugs […]“
Lugh richtete nicht nur das Trauerspiel für Tailtius aus, er schuf drüber hinaus ein Ereignis, welches sich von Jahr zu Jahr wiederholte. Aus diesem Grund ist das Fest nicht nach Tailtiu benannt. Es heißt für alle Zeiten: Lughnasadh.
Lughnasadh = Lug, der Sohn sowie nasad das Andenken
In Andenken an Lugh, der die großen Spiele ins Leben rief. Die Spiele haben augenscheinlich einen so großen Eindruck hinterlassen, dass sie selbst das Licht der geschätzten Tailtiu in den Schatten stellten.
Die Göttin Tailtiu
Im Ursprung war Tailtiu der Name eines Ortes. Legenden formten ihn zum Namen der Göttin Irlands.
In der Revue archéologique von J. Loth steht dazu:
„Es ist klar, daß der Geist, bzw. die Gottheit, deren Gunst man zu erlangen suchte, chthonisch² war [also der Erde angehörte]. Mir scheint in dieser Hinsicht sogar der Name Tailtiu charakteristisch. Tailtiu (und Táltu), Gen. Tailten, geht allem Anschein nach auf *Tala-nt-io, *Tala-nt-ion-os zurück, der wie talamh (die gängige irische Bezeichnung für die „Erde“) auf = *tala-mo, Gen. talmhan = *talamon-os basiert. Die Wurzel ist tal. Insofern kann Tailtiu höchstwahrscheinlich als Synonym Trogans verstanden werden, der dem Monat August seinen Namen verlieh.“
Trogan ist die fruchtbare, nährende Erde und Talamh ist der Boden, die Oberfläche dieser Erde. Es steht zweifellos fest, dass die Iren den Monat August der Mutter Erde widmeten.
Tailtiu ist als Gottheit gestorben. Die Kelten waren sicher: Sie starb den Opfertod, um das ewige Leben und den Wohlstand ihres Volkes zu sichern. Tailtiu selbst führte die Totenspiele zu ihren Ehren ein und Lugh führte sie in der Zukunft als Gedenkspiele weiter.
Der Ruhm Tailtius besteht noch heute
Tailtiu wird auch heute noch als Göttin der Erde verehrt. Sie ist die Mutter Irlands. Tailtiu ist die Beschützerin des Ackerbaus und sie ist die Schutzgöttin für Wettkampfspiele, wie sie dereinst ohne jegliche Boshaftigkeit und in vollkommenem Frieden stattfanden.
Der Geist der Spiele zu Lughnasadh
Die Spiele zu Lughnasadh haben einen ausschließlich friedlich Charakter.
Im fünfzehnten Vers von Ua Lothchain steht:
Eine Zusammenkunft ohne Verletzte, ohne jegliche Lüge,
ohne Schimpf, ohne Streit, ohne Plünderung,
ohne Protest, ohne Reklamationen, ohne Gesetzesversammlung,
ohne Flucht und ohne Verhaftung.
Zu Lughnasadh waren sämtliche Klassen anwesend. Die Druiden und die Filid (Dichter und Barden) traten mit ihrer Redegewandtheit und ihrem Wissen gegeneinander an. Die Krieger nahmen teil und auch die dritte Klasse. Das war die Klasse der Nicht-Götter, der Bauern des Landes. Sie alle waren eingeladen, dem Feste beizuwohnen.
Exkurs: Die analogen Spiele in Schottland
Die Schotten hatten ihre Göttin Cailleach. Es heißt, diese Göttin wurde bei den schottischen St. Michaels Games als Tänzerin in weißer Kleidung dargestellt. Die St. Michael Games fanden in etwa zum gleichen Zeitpunkt statt wie die Wettspiele von Lughnasadh. Es heißt, die Göttin Cailleach starb beim Tanze und wurde von einem männlichen Tänzer mit einem Druidenstab wieder zum Leben erweckt, so dass der Tanz fröhlich weitergeführt werden konnte.
Der keltische Sonnenkönig Lugh, Herrscher über Volk und Götter
Lugh ist zugleich ein rechtmäßiger König Irlands und der Gott der Sonne. Er ist der Herrscher der Götterwelt und der König Irlands.
Jeder Herrscher in Irland handelt in seinem Namen. Lugh trinkt das rote Bier, das königliche Getränk der Unsterblichkeit.
Er ist der Urahne der Kelten und er ist der Vater all seiner Untertanen. Großzügig lässt er sie an seinem Reichtum teilhaben. Lugh verwaltet, richtet und verteidigt das Land und wenn nötig kämpft er als Krieger. Er ist die Judikative, Exekutive und Legislative Irlands.
Lughnasadh und seine alten Bräuche
Zu Lughnasadh ehren wir das fruchtbare Land und das Vieh.
Die Feste Imbolc und Belteine feierten die Kelten meist in den einzelnen Dorfgemeinschaften. Lughnasadh bildet, wie auch Samhain, eine Ausnahme. Ein großer Verbund mehrerer Gemeinden schließt sich zusammen, und begeht gemeinsam die Feierlichkeiten.
Oftmals suchten die Menschen für die Feiern zu Lughnasadh Anhöhen und prähistorische Anlagen aus.
Der Beginn der Ernte
Heute und damals wird von Lughnasadh bis zur Herbstagundnachtgleiche die Ernte eingefahren. Die Pacht ist bezahlt und es folgt eine Zeit, in welcher der Bauer vom Überschuss seiner Ernte profitiert. Die Kartoffeln und das Korn bringen die Familien durch den Winter.
Das Brotopfer
Viele Bräuche ändern sich nie und so backen wir noch heute zu Lughnasadh ein Brot und vergraben es als Opfergabe in der Erde. Dieses Brot gibt ein wenig von dem zurück, was Mutter Erde uns schenkte.
Zusammen feiern
Es ist ein Tag, an dem viele Jahr- und Viehmärkte stattfinden. An Lughnasadh ist die Stimmung ausgelassen. Das Festessen steht auf langen Tafeln und alle essen gemeinsam. Wie schon zu heidnischen Zeiten finden Wettkämpfe wie zum Beispiel Tauziehen statt und am Abend wird getanzt bis die Füße glühen.
Die „Brehonische Heirat“
In der heutigen Zeit heiraten viele zu Lughnasadh. Jetzt, wo alles in der höchsten Fülle des Lebens steht, ist ein guter Moment gekommen, die Liebe zu besiegeln.
Auch die Kelten hielten an diesem Tag Hochzeit. Ging diese Hochzeit allerdings schief oder blieb der Nachwuchs aus, so wurde dieser Ehebund schnell wieder storniert. Die sogenannte „Brehonische Hochzeit“ war also nur eine Hochzeit auf Probe.
Zu Lughnasadh hielt sich das verliebte Paar an den Händen und schob sie durch die Öffnung in einem Stein. Sie legten vor den Brehonen (=“Richtern“) Zeugnis ab und bekundeten ihren Willen, für ein Jahr zusammenzuleben. Funktionierte die Beziehung nicht, so durften Frau und Mann zu Belteine dieses Bündnis öffentlich widerrufen.
Lughnasadh ist auch das Schnitterfest
Mit Lughnasadh ist der Zeitpunkt gekommen, das Korn zu schneiden. Es ist der Auftakt der Erntezeit. Die Kornkammern werden neu gefüllt. Schnitter gehen ans Werk. Die Schnitterinnen nehmen ihre Sichel und trennen heilende Pflanzen ab. Diese Heilkräuter werden nach dem Schnitt gesegnet. Sie sollen bis zum nächsten Jahr die Familie schützen und wurden der „Hausapotheke“ hinzugefügt.
Es ist Brauch, beim Schnitterfest um den Beistand der Götter zu bitten. In einigen Regionen heißt es nach dem letzten Schnitt des Kornes: „Der Hahn ist gefangen.“ Ein Hahn wurde geopfert und dem fleißigsten Schnitter überreicht.
Das Binden einer Kornpuppe zu Lughnasadh
Es ist Brauch zu Lughnasadh eine Kornpuppe zu binden. Die Größe der Puppe bestimmst du allein. Es gibt sehr kleine Puppen und es gibt Kornpuppen, die in voller Größe auf den Feldern stehen.
Du brauchst:
- ein Bündel Stroh
- Draht
- Gras oder Watte
- rotes, festes Garn oder Wolle
- Schere
Der Kopf
Binde sehr weit oben das Stroh zusammen. Was du oberhalb stehen lässt, werden die Haare sein. Drehe das Strohbündel mit dem Haar nach unten. Stopfe nun Watte oder feines Gras in die Mitte der Strohhalme. Du formst damit den Kopf der Puppe. Ist der Kopf fertig, so binde ihn ebenfalls gut mit Draht ab.
Die Arme
Nimm nun direkt unter dem Kopf neue Strohhalme hinzu, die du quer legst. Sie werden die Arme der Puppe. Binde die Arme über Kreuz an deiner Strohpuppe fest. Nutze dafür das rote Garn. Mit der Schere kannst du die Arme zurecht stutzen.
Rock oder Hose?
Möchtest du, dass die Puppe ein Kleid trägt, so fächere einfach das untere Stroh auf. Du kannst auch hier mit der Schere die richtige Länge zurecht schneiden.
Soll die Kornpuppe eine Hose tragen, teile das Stroh in zwei Hälften und binde sie jeweils unten ab.
Von Lughnasadh bis zur Tagundnachtgleiche im Herbst
Die Kornpuppe begleitet dich über die ganze Erntezeit.
Ist das Korn eingefahren und die Ernte beendet, so verbrenne die Puppe zur Herbsttagundnachtgleiche.
Nutze Lughnasadh für deinen Weg
An Lughnasadh ist es für jeden Einzelnen von uns Zeit, einen Schnitt zu machen.
Erinnere dich an die Rauhnächte
Denken wir zurück an die Rauhnächte. Wir sind durch 12 Tage und Nächte gegangen. Dem alten Jahr haben wir Lebewohl gesagt und das neue Jahr begrüßt. Es wurden Pläne für das Jahr erstellt. Wir haben unsere Wünsche erforscht und unsere Zukunft ersonnen.
Vielleicht hast du dir damals Notizen gemacht und möchtest diese nun noch einmal ansehen. Hast du kein Rauhnachtstagebuch geführt, erinnerst du dich eventuell auch so an deine Hoffnungen und Wünsche für dieses Jahr.
Wohin hat das Jahr dich bisher gebracht? Bist du den richtigen Weg gegangen oder hat dich etwas vom Pfad abgebracht? Es liegt noch genügend Zeit vor uns, um das Ruder herum zu reißen, wenn es nötig ist.
Es ist gut möglich, dass du dich erinnerst und sehr erstaunt bist, wieviel dir in diesem Jahr bereits gelang.
Mach einen Schnitt
Was auch immer du bisher erlebt hast, betrachte es und richte dich danach aus. Mach deinen ganz persönlichen Schnitt. Nutze Lughnasadh, um dich auf Kurs zu bringen.